Alles bleibt, wie gehabt: fristlos, hilfsweise fristgerecht kann weiterhin in Wohnraummietrecht gekündigt werden…

Eine Kugel wird treffen…§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB …Mieter M ist mit mehreren Mietzahlungen in Rückstand, was Vermieter V zum Anlass nimmt, das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht aufzukündigen. M zahlt einen Monat nach Rechtshängigkeit (Zustellung) der Räumungs- und Zahlungsklage die gesamten rückständigen Mieten an V. Dieser bleibt hart und verfolgt die Räumungsklage weiter, da er ja schließlich auch fristgerecht gekündigt hat und die Frist der ordentlichen Kündigung mittlerweile auch abgelaufen ist. Alles wie immer, gell?

Rechtslage bisher: BGH, Urt. v. 10.10.2012 – VIII ZR 107/12; BGH, Urt. v. 16.2.2005 – VIII ZR 6/04:

Kündigt ein Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters außerordentlich und hilfsweise ordentlich (d.h: fristgerecht), so führt ein nachträglicher Ausgleich der Mietrückstände gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zur Unwirksamkeit der außer-ordentlichen Kündigung. Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung ist gleich-wohl wirksam, wenn der ursprüngliche Zahlungsrückstand eine schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters darstellt (also quasi immer!) § 569 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 BGB finden keine Anwendung auf die ordentliche Kündigung.

…und dann kam Berlin…2017… LG Berlin, Urt. v. 13.10.2017 – 66 S 90/17:

Wird ein Wohnraummietverhältnis nach dem Eintritt eines qualifizierten Zahlungsrückstandes fristlos und zugleich „vorsorglich hilfsweise“ fristgemäß gekündigt, so hat der Zugang dieser Erklärung das sofortige Ende des Mietverhältnisses und die gleichzeitige Entstehung eines Anspruchs auf Räumung und Herausgabe für den Vermieter zur Folge. Die vorsorglich fristgemäß ausgesprochene Kündigung geht ins Leere, weil ein Mietverhältnis, das nach Ablauf einer Kündigungsfrist beendet werden könnte, nicht (mehr) besteht. Der Eingang einer Schonfristzahlung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB führt dazu, dass die Wirkungen der fristlosen Kündigung – also u.a. die mit ihrem Zugang entstandenen Ansprüche des Vermieters – erlöschen. Die Frage der Wirkung einer „hilfsweise fristgemäß“ erklärten Kündigung entscheidet sich entsprechend den allgemein anerkannten Grundsätzen zur Wirkung rechtsgestaltender Verfügung allein im Zeitpunkt ihres Zugangs. Entfaltet eine solche Kündigung zu dieser Zeit keine Wirkung, so ist dies endgültig. Ein späteres „Wirksamwerden“ der fristgemäßen Kündigung allein durch den Eintritt neuer Verhältnisse (etwa den Eingang der Schonfristzahlung) findet nicht statt. Ein Recht zur fristgemäßen Kündigung muss stattdessen in einen solchen Fall ggf. neu aus-geübt werden und von einem dann bestehenden Kündigungsgrund gedeckt sein.

Ende gut alles gut, oder das war doch schon immer so…BGH Urt. v. 19.9.2018, Az. VIII ZR 231/17; BGH Urt. v. 19.9.2018, Az. VIII ZR 261/17:

Der Senat hat endgültig klargestellt, dass auch eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs zur Beendigung eines Mietverhältnisses führen kann, wenn die durch den Vermieter vorrangig wirksam erklärte fristlose Kündigung durch eine, vom Mieter nach Zugang der Kündigungserklärung vorgenommene Schonfristzahlung, nachträglich unwirksam geworden ist.

Mietrecht