Ersatzanspruch des Verwalters für ungenehmigte Ausgaben

Heftig umstritten war die Frage, ob dem WEG-Verwalter, der ohne oder unter Missachtung eines Beschlusses der Wohnungseigentümer Ausgaben, insbesondere für Erhaltungsmaßnahmen, tätigt, einer Inanspruchnahme auf Rückzahlung der verauslagten Gelder einen Aufwendungsersatzanspruch entgegenhalten kann.

Hierzu hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung Stellung bezogen.

1. Der Fall

Die Wohnungseigentümergemeinschaft W beschließt, für rund 40.000 Euro brutto die Firma B, ein bekanntes Traditionsunternehmen, mit der Erneuerung der Eingangstüren und der Briefkastenanlagen zu beauftragen.

Verwalter V beauftragt aber die Firma M, da diese die Arbeiten für nur rd.36.000,00 Euro brutto anbietet und ausführt.  V begleicht die Rechnung der M aus den Mitteln der Gemeinschaft.

Später wird die Firma M im Handelsregister gelöscht, nachdem ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet worden war.

Die WEG verlangt von V Rückzahlung der an die Firma M geleisteten Zahlungen.

V rechnet mit einem Erstattungsanspruch gegen die WEG aus Geschäftsführung

ohne Auftrag bzw. Bereicherungsrecht auf, da die Gemeinschaft schließlich eine mangelfrei ausgeführte neue Haustür- und Briefkastenanlage erhalten und sich die Ausgabe hierfür erspart hat.

 

2. Rückzahlungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft

Der Verwalter nach WEG, zumal der aus dem Amt ausgeschiedene, ist gem. §§ 675 Abs. 1, 667 Alt. 1 BGB gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtet, die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben überlassenen, aber nicht bestimmungsgemäß verbrauchten Gelder zu ersetzen.

Zudem kann der Verwalter aufgrund schuldhafter Verletzung des Verwaltervertrags gem. § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 27 WEG auf Ausgleich des adäquat kausal verursachten Schadens haften (vgl.: BGH, Urt. v. 6.3.1997 - III ZR 248/95).

 

3. Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung

Allerdings steht den Wohnungseigentümern die Kompetenz zu, vom Verwalter ohne Beschluss und ohne Vorliegen einer besonderen Ermächtigung durch Vereinbarung oder Gesetz (Notfallkompetenz des Verwalters) veranlasste (Erhaltungs-)Maßnahmen durch Beschluss nachträglich zu genehmigen. Ein Beschluss, durch den die Eigentümer solches Handeln genehmigen, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, sofern die Maßnahme objektiv erforderlich war und auch ansonsten (u.a. hinsichtlich der Höhe der aufgewendeten Kosten) eine vorherige Beschlussfassung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte (vgl.: LG Hamburg, Urt. v. 14.12.2016 - 318 S 32/16; LG Itzehoe, Urt. v. 9.8.2016 - 11 S 9/15).

Im vorliegenden Fall verweigerte die WEG insbesondere wegen der Abweichung hinsichtlich der Bonität des Vertragspartners eine nachträgliche Genehmigung.

 

4. Gegenansprüche des Verwalters?

Nach einer vom BGH in früherer Zeit vertretenen Auffassung konnte der Verwalter der Inanspruchnahme durch die Gemeinschaft jedoch entgegenhalten, dass diese durch die Ausgaben, wenn auch unberechtigt, bereichert sei, da die Erhaltungs-maßnahmen zu einer Verbesserung des baulichen Zustands des Gemeinschaftseigentums geführt hatten (vgl.: BGH, Urt. v. 18.2.2011 – V ZR 197/10).

Mit Blick auf die Kompetenzüberschreitung des Verwalters scheiden allerdings Ansprüche auf Aufwendungsersatz gem. § 670 BGB ebenso aus wie Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gem. 683, 670, 257 BGB. Infrage kommt jedoch ein Verwendungsersatzanspruch nach Bereicherungsgrundsätzen aus unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 684 S. 1, 812 Abs. 2 BGB.

Hierzu präzisierte der BGH später. dass ein Bereicherungsanspruch für eine eigenmächtige Instandsetzung oder Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums in Betracht kommt, wenn die Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen.

Wer Schuldner eines solchen Anspruchs sei, bestimme sich danach, ob die Maßnahme eines Beschlusses der Wohnungseigentümer bedurfte und ob dieser vorlag.

Schuldner seien deshalb die Wohnungseigentümer, wenn die Maßnahme erst noch hätte beschlossen werden müssen, aber nicht beschlossen war.

Schuldnerin sei ansonsten, wenn die Maßnahme beschlossen war oder wenn ein Beschluss nach der Teilungserklärung entbehrlich und die Maßnahme unverzüglich durchzuführen war, die Gemeinschaft (vgl.: BGH, Urt. v. 25.9.2015 – V ZR 246/14).

 

5. Übertragbarkeit der späteren einschränkenden Rechtsprechung?

In einer später ergangenen Entscheidung (vgl.: BGH, Urt. v. 14.6.2019 – V ZR 254/17) sprach der BGH allerdings aus, dass, abgesehen von (dem regelmäßig nicht vorliegenden Fall der Notfallkompetenz) dem Eigentümer, der ohne vorherigen Beschluss gemeinschaftliches Eigentum instand setzt, auch gutgläubig in der irrigen Annahme, er habe dies selbst und auf eigene Kosten vorzunehmen, keinerlei Ersatzansprüche zustehen (insoweit Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 25.9.2015).

Die Zubilligung einer Kostenerstattung, so der BGH, liefe den schutzwürdigen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer zuwider. Zwar müssten Wohnungseigentümer stets damit rechnen, dass es durch Mängel des Gemeinschaftseigentums zu unvorhergesehenen Ausgaben kommt, für die sie einzustehen haben. Sie müssten ihre Finanzplanung nicht darauf einrichten, im Nachhinein für Maßnahmen, auf welche sie keinen Einfluss nehmen konnten, herangezogen zu werden.

Daraufhin vertraten die Instanzgerichte die Auffassung, dass die o.g. Grundsätze der Entscheidung des BGH v. 14.6.2019 auch auf das Verhältnis zwischen der Gemeinschaft und dem Verwalter anwendbar seien. Der Verwalter sei in seiner Position einem Sondereigentümer vergleichbar, denn er müsse sich ebenso an die Beschlusshoheit der Gemeinschaft halten. Gegenansprüche des Verwalters sollten somit grundsätzlich ausscheiden (vgl.: LG Lüneburg, Urt. v. 2.2.2021 – 3 S 36/20; AG Mitte, Urt. v. 21.9.2021 – 22 C 26/20; AG Frankfurt/Main, Urt. v. 13.7.2021 – 33 C 492/21 (29).

 

6. Die aktuelle Entscheidung des BGH

Der BGH gab in dem entschiedenen Fall dem Verwalter Recht (vgl.: BGH, Urt. v. 10.12.2021 – V ZR 32/21).

Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Stellung von Eigentümer und Verwalter, so der BGH, lassen sich die Grundsätze der Entscheidung des Senats vom 14.6.2019 nicht auf das Verhältnis zwischen der Gemeinschaft und dem Verwalter übertragen.

Eigenmächtige pflichtwidrige Maßnahmen des Verwalters im Einzelfall ändern nichts daran, dass der Verwalter im Grundsatz, anders als der einzelne Eigentümer, zu einer Einwirkung auf das Gemeinschaftseigentum berechtigt ist und deshalb kein Anlass besteht, eigenmächtige Handlungen durch den Entzug von Aufwendungsersatzansprüchen zu „bestrafen“.

 

Dem Verwalter, der eigenmächtig Erhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt, kann vielmehr ein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zustehen.

 

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die Zubilligung eines Ersatzanspruchs liefe den Interessen der Wohnungseigentümer zuwider, denn dem Verwalter, der sich über den erklärten Willen der Wohnungseigentümer hinwegsetzt, steht ein Aufwendungsersatzanspruch nur nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung zu, wobei der Ersatzanspruch des Verwalters in diesen Fällen grundsätzlich nur auf Ausgleich der Werterhöhung gerichtet ist, die die von ihm veranlassten Maßnahmen bewirkt haben.

Jedenfalls dann, wenn diese der Planung der Wohnungseigentümer entsprachen, sind ihre ersparten Aufwendungen maßgeblich.

Bereicherungsschuldnerin ist stets die Gemeinschaft. Soweit sich aus dem Senatsurteil vom 25.11.2015 etwas anderes ergibt, hält der Senat hieran nicht fest.

 

Liegt die Eigenmächtigkeit, wie hier, darin, dass der Verwalter sich über die Entscheidung der Wohnungseigentümer hinweggesetzt hat, eine bestimmte Firma zu beauftragen, kann dies außerdem eine Verringerung des Ersatzanspruchs rechtfertigen.

Das kommt insbesondere in Betracht, wenn die künftige Durchsetzung etwaiger Gewährleistungsansprüche gegen die von dem Verwalter beauftragte Firma weniger erfolgversprechend erscheint oder wenn es den Eigentümern darauf ankam, die bestehende Geschäftsbeziehung zu der von ihnen gewählten Firma zu festigen, um sich dadurch in der Zukunft die schnellere Ausführung von Arbeiten, die Durchführung von Kleinreparaturen und Wartungen oder ähnliche Vorteile zu sichern.

Die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Nachteile aus der Beauftragung eines anderen Unternehmens lassen sich durch einen Abschlag vom Erstattungsanspruch des Verwalters berücksichtigen, der - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - bis zu 20% betragen kann.