Mietminderung – aber nicht grenzenlos

Das Recht auf Mietminderung durch den Mieter gem. § 536 BGB (d.h. Herabsetzung der Mietzahlung) bildet den Gegenstand einer Unzahl gerichtlicher Verfahren. Das Minderungsrecht steht dem Mieter insbesondere zu, wenn die Mietsache zur Zeit ihrer Überlassung an den Mieter einen ihre Gebrauchs-tauglichkeit nicht nur unerheblich beeinträchtigenden Mangel aufweist oder ein solcher später entsteht.

Dabei reicht es gem. § 536c BGB schon aus, dass der Mieter den Mangel dem Vermieter unverzüglich anzeigt.

Beseitigt der Vermieter den Mangel nicht, kann dies zu einer fortdauernden Herabsetzung der Miete führen. Zugleich ist der Mieter, da er den Man-gel dann selbst beseitigen könnte, zusätzlich berechtigt, einen weiteren Ab-schlag von der Miete als Zurückbehaltungsrecht vorzunehmen.

Oftmals hat aber der Mieter kein rechtes Interesse daran, dass der Vermieter den Mangel tatsächlich beseitigt, denn gerade bei kleineren Mängeln ist die billigere Miete dem Mieter willkommener als eine Mangelbeseitigung.

Dass der Mieter allerdings schlecht beraten ist, die Beseitigung der Mängel zu verweigern, zeigt die aktuelle Entscheidung des BGH vom 10.4.2019, Az. VIII ZR 12/18.

 

Der Fall:

Die Beklagten M mieteten im Jahr 1998 von Vermieter A eine Wohnung an.

Bald rügten die Mieter verschiedene Mängel der Mietwohnung und minderten deswegen die Miete. Zusätzlich übten sie hinsichtlich eines weiteren Teils der Miete ein Zurückbehaltungs-recht aus.

Daraufhin trafen sich die Mieter M und ihr Vermieter A regelmäßig vor Gericht. Bevor der letzte dieser Mietprozesse beendet war, veräußerte A die Mietwohnung an B. Als dieser sich bereit erklärte, die Mängel zu beseitigen, verweigerten die Mieter dies mit der Begründung, dass sie dies mit Blick auf den noch laufenden Prozess mit A als „Beweisvernichtung“ nicht dulden müssten und minderten weiter die Miete.

Daraufhin sprach B eine fristlose Kündigung aus und verklagte die Mieter auf Räumung.

 

Das Problem:

Fraglich ist, ob der Mieter, der mit dem Vor-Vermieter einen gerichtlichen Streit um die Frage führt, ob und in welchem Ausmaß Mängel der Mietsache zur Herabsetzung der Mietzahlungen vorliegen, es dulden muss, dass der neue Vermieter die Mängel beseitigt.

Denn in diesem Fall kann der Mieter den Beweis nicht mehr bringen, dass die Mängel tatsächlich vorlagen.

Und umgekehrt: Kann es sein, dass der neue Vermieter in diesem Fall weitere Mietkürzungen hinnehmen muss, ob-gleich er zur Mangelbeseitigung bereit war?

 

Die Entscheidung des BGH:

Der BGH gibt dem neuen Vermieter Recht und verurteilt die Mieter zur Räumung der Wohnung.

Weigert sich der Mieter, die Beseitigung von Mängeln durch den Vermieter, dessen Mitarbeiter oder von ihm beauftragte Handwerker zu dulden, ist er ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich zu einer weiteren Minderung nicht mehr berechtigt. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter die Mangelbeseitigung unter Berufung darauf verweigert, dass er im Hinblick auf einen anhängigen Rechtsstreit mit dem Vor-Vermieter den bestehenden mangelhaften Zustand aus Gründen der "Beweissicherung" erhalten will.

Dies hat auch die tückische Folge, dass ein geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht rückwirkend entfällt und alle, auch in der Vergangenheit einbe-haltene Beträge sofort nachzuzahlen sind.

 

Praxis-Tipp:

Wichtig für die Praxis ist, dass Mieter sich darüber klar sein sollten, dass zurückbehaltene Mietbeträge nicht dauerhaft erspart sind, sondern nachzuentrichten sind, wenn Mietmängel beseitigt werden oder das Recht zur Mietminderung entfällt.

Auch sollten Mieter hinsichtlich der als minderungsrelevant angesehenen Mängel Beweise zügig sichern. Dies kann im Extremfall durch ein Privatgutachten, meist aber durch Fotos und Zeugenaussagen geschehen.