Voraussetzungen eines Beschlusses über die Änderung der Kostenverteilung

Durch die Novellierung des WEG zum 1.7.2007 hat der Gesetzgeber den Wohnungseigentümern neue Beschlusskompetenzen zur Änderung des gesetzlichen Kostenverteilerschlüssels gem. § 16 Abs. 2 (Miteigentumsanteile) sowie zur Änderung der im Rahmen der Gemeinschaftsordnung abweichend vereinbarten Kostenverteilerschlüssel eingeräumt.

Insbesondere soll die Bestimmung des § 16 Abs. 3 WEG es den Wohnungseigentümern ermöglichen, mittels einfachen Mehrheitsbeschlusses die Verteilung der Betriebskosten sowie der Verwaltungskosten zu regeln.

In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die Grenzen dieser Beschlusskompetenz aufgezeigt (BGH, Urt. v. 8.6.2018 – V ZR 195/17).

 

Der Fall:

Die Jahresabrechnung 2017 der WEG Streitweg  ist, weil die Wohnungseigentümer sich über die korrekte Anwendung der in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Verteilerschlüssel für bestimmte Betriebskosten nicht einig waren, noch nicht verabschiedet.

Um den Streit zu beenden, beschließen die Eigentümer mit Mehrheit, die Kosten für die Reinigung des Treppenhauses für das Jahr 2017, anders als in der Gemeinschaftsordnung vereinbart, nach der Anzahl der Wohneinheiten abzurechnen.

Schließlich sieht der mit dem Reinigungsunternehmen aufgrund entsprechender Beschlussfassung der Eigentümerversammlung abgeschlossene Vertrag die Berechnung der Vergütung nach Anzahl der Einheiten vor.

Gegen diesen Beschluss wendet sich Eigentümer E mit einer Beschlussanfechtungsklage.

 

Das Problem:

Zunächst ist fraglich, ob die Wohnungseigentümer überhaupt die Kompetenz besitzen, den Kostenverteiler-schlüssel zu ändern, wenn das betreffende Wirtschaftsjahr bereits abgelaufen ist.

Ferner ist fraglich, ob die Regelung des § 16 Abs. 3 WEG auch die Möglichkeit eröffnet, Kostenverteilerschlüssel nur punktuell, d.h. im Einzelfall nur für einen Wirtschaftszeitraum, abzuändern, denn der angegriffene Beschluss bezieht sich ausdrücklich nur auf eine Änderung des Verteilerschlüssels für das Jahr 2017.

 

Die Entscheidung des BGH:

Der BGH erklärt den Beschluss über die Änderung des Verteilerschlüssels für ungültig.

Zwar erlaubt die Regelung des § 16 Abs. 3 WEG Änderungen der Kosten-verteilung in Ansehung der Betriebs- und Verwaltungskosten mit einfacher Mehrheit im Rahmen des den Eigentü-mern zustehenden weiten Ermessens-spielraums (vgl.: BGH, Urt. v. 16.9. 2011 - V ZR 3/11)

Dabei sind aufgrund der fehlenden zeitlichen Beschränkung der Beschlusskompetenz aus § 16 Abs. 3 WEG auch rückwirkende Änderungen von Kostenverteilungsschlüsseln möglich, da die im Wirtschaftsplan enthaltenen Verteilerschlüssel kein schutzwürdiges Vertrauen auf deren Bestand begründen, weil der Wirtschaftsplan nicht der Festlegung der Kostenverteilung dient, sondern lediglich der Be-rechnung der Höhe der notwendigen Hausgeld-Vorschüsse. Es darf nur kein Eingriff in einen bereits abgeschlossenen Abrechnungszeitraum (bestands-kräftig beschlossene Jahresabrechnung) stattfinden (vgl.: BGH, Urt. v. 1.4.2011 - V ZR 162/10).

Die Ausübung der Beschlusskompetenz scheitert nach Auffassung des BGH aber daran, dass § 16 Abs. 3 WEG eine abstrakt-generelle Änderung eines Kostenverteilerschlüssels für die Zukunft voraussetzt. Die Regelung nur eines Einzelfalls (hier: 2017) falle indes nicht hierunter.

Zudem kann aus dem Beschluss über den Abschluss des Reinigungsvertrags, der eine bestimmte Kostenverteilung vorsieht, nicht ohne weiteres der stillschweigende Wille der Eigentümer gefolgert werden, den Kostenverteiler-schlüssel dauerhaft abzuändern.

 

Praxis-Tipp:

Soll ein Kostenverteilerschlüssel gem. § 16 Abs. 3 WEG geändert werden, so hat dies mit Wirkung für die Zukunft generell zu erfolgen. Zudem bedarf es immer eines sog. Vorschaltbeschlusses, der die Änderung der Verteilung fest-legt, bevor die Jahresabrechnung ge-nehmigt wird.

 

Wohnungseigentumsrecht