Überstunden – BAG kippt arbeitnehmerfreundliche Entscheidung
Ein Urteil des EuGH aus dem Jahre 2019 hatte die Hoffnung für Arbeitnehmer geschürt leichter Überstunden im Rahmen eines gerichtlichen Vergütungsprozesses geltend machen zu können.
Die Rechtsprechung hatte in der Vergangenheit die Hürden für die Geltendmachung solcher Ansprüche relativ hoch gelegt, denn so musste der Arbeitnehmer stets darlegen und im Falle eines nachvollziehbaren Bestreitens des Arbeitgebers auch beweisen, dass Arbeit in einem die Normarbeitszeit übersteigenden Umfang geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers dazu bereitgehalten zu haben und der Arbeitgeber die geleisteten Überstunden ausdrücklich oder konkludent angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt hat.
Der EuGH hatte in der vorgenannten Entscheidung eine Pflicht seitens der Arbeitgeber zu einer ordnungsgemäßen Dokumentation der Arbeitszeit statuiert. Hieraus leitete sich die Frage ab, ob soweit der Arbeitgeber die Arbeitszeit nicht ordnungsgemäß erfasst sich hieraus eine Erleichterung für den Arbeitnehmer ergeben kann. Das ArbG Emden hatte nämlich mit Bezugnahme auf die EuGH-Rechtsprechung entschieden, dass ein Arbeitnehmer bei Fehlen eines Arbeitszeiterfassungssystems den Vortrag des Arbeitnehmers nicht widerlegen kann, und somit beweisbelastet bleibt. Der dortige Arbeitgeber wurde daher zur Zahlung der streitgegenständlichen Arbeitsstunden verurteilt. Dies zu Unrecht, so dass BAG. Entgegen der dem erstinstanzlichen Urteil sei nämlich eine positive Kenntnis des Arbeitgebers von den Überstunden auch dann erforderlich, wenn sich der Arbeitgeber diese durch Einführung einer Arbeitszeiterfassung hätte verschaffen können. (BAG, Urt. v. 04.05.2022, Az. AZR 359/21)