Kündigung und Laufzeit des WEG-Verwaltervertrags

Zusätzlich zu der sich aus § 26 Abs. 3 S. 1 WEG ergebende Befugnis der Wohnungseigentümer, den Verwalter jederzeit abzuberufen, wird vertreten, dass Verwalterverträge allgemein nur noch für eine Laufzeit von 2 Jahren abgeschlossen werden können. Hinzu kommt die Neufassung des § 309 Nr. 9 BGB, die Verlängerungsklauseln im Verwaltervertrag obsolet erscheinen lässt. Es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies auf die Verwaltungspraxis hat.

1. Die Neugestaltung des § 26 WEG

§ 26 WEG a.F. sah vor, dass die Abberufung des Verwalters sowie die Kündigung des Verwaltervertrags auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt werden konnte (vgl.: BGH, Urteil vom 10.2.2012 - V ZR 105/11). Dies ermöglichte es dem vorzeitig abberufenen bzw. gekündigten Verwalter die ihm für die Vertrags-Restlaufzeit zustehende Vergütung unter Anrechnung ersparten Eigenaufwands gem. §§ 615 S. 2, 326 Abs. 2 BGB (Faustformel: 20-25% Abzug) gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend zu machen. § 26 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. sieht nun aus Verbraucherschutzgründen vor, dass die Wohnungseigentümer den Verwalter jederzeit abberufen können. Dabei steht dem Verwalter nach neuem Recht kein Anfechtungsrecht zu; greift kein Wohnungseigentümer den Abberufungsbeschluss erfolgreich mit der Anfechtungsklage an, verliert der Verwalter seine Amtsstellung (vgl.: Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2022, § 26 Rn. 221).

 

2. Die Folgen für die Kündigung des Verwaltervertrags

Da der Bestand des Verwaltervertrags von der Amtsstellung grundsätzlich unabhängig ist, regelt § 26 Abs. 3 S. 2 WEG im Falle der Abberufung des Verwalters ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes die Beendigung des Verwaltervertrags.

 

Beispiel:

Verwalter V ist für den Zeitraum vom 1.1.2022 bis 31.12.2023 bestellt; der Verwaltervertrag weist eine Laufzeit vom 1.1.2022 bis 31.12.2023 aus. In der Eigentümerversammlung vom 31.3.2022 wird V ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Verwalteramt abberufen und N zum Verwalter ab dem 1.4.2022 bestellt.           

Ohne dass es einer Kündigungserklärung bedürfte, endet der Verwaltertrag kraft Gesetzes spätestens nach sechs Monaten unabhängig davon, ob eine längere Vertragslaufzeit vereinbart ist. Wird die Abberufung wirksam, steht dem Verwalter ein Anspruch in Höhe der vereinbarten Vergütung für maximal sechs Monate unter Anrechnung ersparten Eigenaufwands gem. §§ 615 S. 2, 326 Abs. 2 BGB zu (vgl.: Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 26 Rn. 324).

Hat der Verwalter neben der Grundvergütung auch variable Zusatzvergütungen für besondere Leistungen vereinbart, kann der Verwalter auch zeit- bzw. aufwandsbezogene Zusatzvergütungen anteilig geltend machen, soweit er einen entsprechenden Aufwand bereits betrieben hat. Die Berechnung eines hypothetischen Ausfalls an Zusatzvergütungen auf der Grundlage von Vergleichswerten der Vergangenheit ist indes nicht möglich (vgl.: Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2022, § 26 Rn. 244).

§ 26 Abs. 3 WEG soll auch für vor dem 1.12.2020 geschlossene Verträge gelten, die auf der Grundlage des bisherigen Rechts zulässigerweise eine Kündigungsbeschränkung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes vorsahen. Mit guten Gründen wird daher vertreten, dass der durch § 26 Abs. 3 WEG angeordnete massive Eingriff in vor dem 1.12.2020 begründete Rechtsverhältnisse mit Blick auf das Rückwirkungsverbot verfassungsrechtlich unzulässig ist (vgl.: Jacoby/Mehde, ZMR 2021, 625).

 

a) Beginn der Sechs-Monats-Frist

Umstritten ist, ob die Sechs-Monats-Frist mit dem Tag der Abberufungsbeschlusses oder mit dem Tag des Ablaufs der Amtszeit zu laufen beginnt.

 

Beispiel:

Verwalter V ist für den Zeitraum vom 1.1.2022 bis 31.12.2023 bestellt; der Verwaltervertrag weist die gleiche Laufzeit aus. In der Eigentümerversammlung vom 31.3.2022 wird V ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes mit Wirkung zum 31.10.2022 vom Verwalteramt abberufen.             

Richtigerweise ist nicht auf den Tag der Beschlussfassung über die Abberufung abzustellen, sondern auf den Tag, zu dem die Amtsbeendigung wirksam wird. Im o.g. Fall stehen dem Verwalter somit noch Vergütungsansprüche vom 1.11.22 bis 30.4.23 zu (vgl.: Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 26 Rn. 171; Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2022, § 26 Rn. 223, 247; a.A.: Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2021, § 6 Rn. 547 ff.). Mit Blick auf diese gerichtlich noch nicht entschiedene Frage empfiehlt sich eine klarstellende Regelung im Verwaltervertrag:

 

Formulierungsvorschlag:

Wird der Verwalter ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Verwalteramt abberufen, so endet der Verwaltervertrag spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung. Maßgeblich für den Zeitpunkt der Abberufung des Verwalters ist dabei nicht der Tag der Beschlussfassung über dessen Abberufung, sondern der Zeitpunkt, zu dem die Abberufung des Verwalters wirksam werden soll, also der letzte Tag der Bestellung des Verwalters.

b) Unter- und Überschreitung der 6-Monatsfrist

Zu beachten ist, dass sich aus § 26 Abs. 3 S. 2 WEG ein sechs Monate unter- oder überschreitender Rest-Vergütungsanspruch des Verwalters ergeben kann.

 

Beispiel:

Verwalter V ist für den Zeitraum vom 1.1.2022 bis 31.12.2022 bestellt; der Verwaltervertrag weist die gleiche Laufzeit aus. In der Eigentümerversammlung vom 30.9.2022 wird V ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Verwalteramt abberufen.

Da vertragliche Vereinbarungen § 26 Abs. 3 S. 2 WEG vorgehen, soweit diese das Abberufungsrecht aus § 26 Abs. 3 S. 1 WEG nicht erschweren oder ausschließen, führen kürzere Kündigungsfristen zu Lasten des Verwalters, der Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder der Umstand, dass die Laufzeit des Verwaltervertrags vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist ohnehin endet, zu einer Fristverkürzung, im obigen Beispielfall auf drei Monate (vgl.: Lehmann-Richter/ Wobst, WEG-Reform 2020, § 6 Rn. 551 f.). Dringend zu warnen ist daher vor Regelungen im Verwaltervertrag, die dessen Laufzeit im Sinne einer auflösenden Bedingung an die Amtsstellung knüpfen, da in diesem Fall mit der Abberufung auch der Vertrag unmittelbar endet und weitere Ansprüche ausgeschlossen sind (vgl.: LG Frankfurt/ Main, Beschluss vom 5.11.2018, 2-13 S 111/18). Da nur die Erklärung der Kündigung entbehrlich ist, nicht aber der Zugang der Abberufungserklärung, können umgekehrt dem in Abwesenheit abgewählten Verwalter Ansprüche für eine längere Zeit als sechs Monate zustehen (vgl.: Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2022, § 26 Rn. 223).

 

c) Abberufung und Kündigung aus wichtigem Grund

Die Frage, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt, ist zwar wegen § 26 Abs. 3 S. 1 WEG nicht mehr erheblich, wohl aber für die Frage, ob der Verwaltervertrag vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist fristlos gekündigt werden kann.

 

Beispiel:

Verwalter V ist für den Zeitraum vom 1.1.2022 bis 31.12.2023 bestellt; der Verwaltervertrag weist die gleiche Laufzeit aus. In der Eigentümerversammlung vom 31.3.2022 wird V aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung vom Verwalteramt abberufen und sein Verwaltervertrag fristlos gekündigt.

Fehlt es am wichtigen Grund, steht dem Verwalter der Vergütungsanspruch für die Restlaufzeit des Vertrages zu, allerdings gekappt auf maximal sechs Monate (vgl.: Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2022, § 26 Rn. 223). Zu beachten ist weiter, dass in diesem Fall der Zugang der Kündigungserklärung (die auch in der Abberufungserklärung liegen kann) nicht entbehrlich ist (vgl.: Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 26 Rn. 174).

 

d) Unwirksamkeit abweichender Regelungen

Gem. § 26 Abs. 5 WEG sind Regelungen unwirksam, die auf eine „Vertragsstrafe“ für den Fall der vorzeitigen Kündigung hinauslaufen, wie etwa Abstandzahlungen oder Objektübernahmepauschalen. Ob die Vereinbarung einer zunächst erhöhten und sodann abgesenkten Vergütung nicht ein ebenso unwirksames Umgehungsgeschäft darstellt, ist fraglich (vgl.: Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2022, § 26 Rn. 172, 249, 267).

 

3. Die Folgen für die Laufzeit des Verwaltervertrags

§ 309 Nr. 9 BGB (Verbot einer längeren Vertragslaufzeit als zwei Jahre) war nach Auffassung des BGH (Urteil vom 20.6.2002 - V ZB 39/01) auf den WEG-Verwaltervertrag nicht anwendbar, der die Regelungen des § 26 WEG a.F. als vorrangige Spezialnormen ansah, welche die allgemeine Bestimmung des § 309 Nr. 9 BGB verdrängten.

Mit Inkrafttreten des WEMoG ist indes streitig geworden, ob die o.g. Entscheidung des BGH noch anwendbar ist.

 

So wird die Auffassung vertreten, dass aus § 26 Abs. 3 S. 1 u. 2, Abs. 5 WEG folge, dass ab dem 1.12.2020 § 309 Nr. 9 BGB doch anwendbar sei, da die Wohnungseigentümer den Verwalter auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit abberufen können (vgl.: Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 6 Rn. 537 ff.; Först, ZWE 2021, 155).

Die übrige Rechtsliteratur steht dieser Meinung teils zustimmend, teils schwankend bis ablehnend gegenüber (vgl.: BeckOK WEG/Elzer, 47. Ed. 1.1.2022, WEG § 26 Rn. 202; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 9 Rn. 25; Grüneberg/Wicke, BGB, 81. Aufl. 2022, § 26 Rn. 17; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 26 Rn. 206; Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2022, § 26 Rn. 141; MüKoBGB/Zschieschack, 8. Aufl. 2021, WEG § 26 Rn. 90; Wicke, ZWE 2021, 21).

Hier vertretener Auffassung nach ist eine Anwendbarkeit des § 309 Nr. 9 BGB auf den Verwaltervertrag zu verneinen. Schließlich weist die Gesetzesbegründung selbst auf dem Verwalter im Falle der vorzeitigen Kündigung zustehende Vergütungsansprüche für die Vertragsrestlaufzeit hin (vgl.: BT-Drucks. 19/22634, S. 45). Abgesehen davon regelt die Sechs-Monats-Frist des § 26 Abs. 3 S. 2 WEG eine Besserstellung der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber § 309 Nr. 9 BGB, der eine anfängliche Festlaufzeit von 2 Jahren erlaubt, weshalb sich an der Richtigkeit der Argumentation des BGH in seiner o.g. Entscheidung nichts geändert hat.

 

Sollte sich die erstgenannte Auffassung durchsetzen, so ist eine Vertragslaufzeit von mehr als 2 Jahren unzulässig und bedeutet ein erhebliches Risiko. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 9 BGB führt nämlich dazu, dass der Verwaltervertrag jederzeit mit der gesetzlichen Frist von 2 Wochen (bei Vergütung nach Monaten zum 15. des Monats zum Monatsende) gem. §§ 675, 612 Nr. 3 BGB kündbar ist.

Zusätzlich ist in diesem Fall zu bedenken, ob sich der Verwalter auch nur noch für max. 2 Jahre bestellen lassen sollte. Denn erfolgt die Bestellung für eine längere Dauer (z.B. für fünf Jahre), läuft der Vertrag aber zunächst nur zwei Jahre, erfordert dies jeweils nach Ablauf von 2 Jahren einen erneuten Vertragsschluss, will der Verwalter nicht vertragslos verwalten. Kommt es nicht zu einer Einigung, müsste der Verwalter die Niederlegung des Verwalteramts erklären.

 

Aufgrund der mit Wirkung zum 1.3.2022 durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge in Kraft getretenen Änderung des § 309 Nr. 9 BGB ist auch die Vereinbarung einer stillschweigenden Vertragsverlängerung mit einer festen Laufzeit (bisher max. 1  Jahr mit 3-monatiger Kündigungsmöglichkeit) nicht mehr zulässig. Wirksam kann nur noch eine stillschweigende Vertragsverlängerung auf unbestimmte Zeit mit einer Kündigungsfrist von max. 1 Monat vereinbart werden, was gegenüber der gesetzlichen Kündigungsfrist praktisch keine Verbesserung bedeutet.

 

Fazit:

Da gerichtliche Entscheidungen noch nicht vorliegen, sollte der Verwalter die Vertragslaufzeit unter Abwägung des Risikos, das aus einer möglichen Übernahme der erstgenannten Auffassung durch die Rechtsprechung für die Kündbarkeit seines Vertrags folgt, derzeit eher mit zwei Jahren wählen. Weil § 309 Nr. 9 BGB (mangels abweichender Regelung in § 26 WEG) auf die stillschweigende Verlängerung des Verwaltervertrags unmittelbar anwendbar ist, dürfte hierauf nun zu verzichten sein.

Dies muss aber nicht nur negativ gesehen werden. Schließlich kann sich aus der Notwendigkeit einer Neuverhandlung des Verwaltervertrags auch die Chance für eine Erhöhung der Vergütung ergeben, die ansonsten für fünf Jahre festgeschrieben wäre und nach aktueller Rechtsmeinung zumindest nicht auf der Grundlage einer automatischen Erhöhungsklausel angepasst werden kann (vgl.: LG Frankfurt/Main, Urteil vom 24.6.2021, 2-13 S 35/20).