Kein Verlust von Urlaub bei fehlendem Urlaubsantrag?

Das Bundesurlaubsgesetz legt in der Vorschrift des § 7 Abs. 1 fest, dass der Arbeitgeber die Lage des Urlaubs zeitlich bestimmt, dabei aber die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat. In der Praxis wird dies so gehandhabt, dass der Arbeitnehmer Urlaubsanträge stellt und der Arbeitgeber über die Gewährung entscheidet, letztendlich auch nur in begründeten Fällen den Antrag abweisen darf.

Doch wie sieht es mit dem Urlaubsanspruch aus, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht oder nicht im vollen Umfang beantragt. Nach dem Bundesurlaubsgesetz verfallen Ansprüche auf Gewährung zum 31.12. eines Kalenderjahres, es sei denn der Urlaub konnte aus betriebsbedingten Gründen nicht genommen werden. Hierfür setzte die Rechtsprechung in der Vergangenheit voraus, dass der Arbeitnehmer einen Urlaubsantrag zumindest gestellt hat.

 

Dem Bundesarbeitsgericht kamen zu dieser Rechtsauffassung, die es selber jahrzehntelang vertreten hat, Zweifel und rief den EuGH an. Dieser kam zu dem Ergebnis,  dass ein Arbeitnehmer die ihm gemäß dem Unionsrecht zustehenden Urlaubstage (sog. Mindesturlaub von 20 Tagen in einer 5 Tage-Woche) und entsprechend seinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Urlaub automatisch schon allein deshalb nicht verliert, weil er vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses (oder im Bezugszeitraum) keinen Urlaub beantragt hat. Diese Ansprüche könnten nur dann untergehen, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber etwa durch eine angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wurde, die fraglichen Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen. Der Verfall des Urlaubs- und Abgeltungsanspruch ist laut EuGH aber dann nicht zu beanstanden, wenn der Arbeitgeber beweisen kann, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt wurde, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen (EuGH, Az.: C-619/16 und C-684/16).

 

Insoweit sollten Arbeitgeber darauf hinwirken, dass der Urlaubsanspruch in voller Höhe im jeweiligen Urlaubsjahr genommen wird, soweit dies möglich ist. Eine Anpassung von Formulararbeitsverträgen bei neuen Arbeitsverhältnissen ist sinnvoll.

 

Arbeitsrecht, Urlaubsrecht