Lizenzverträge für die Weiterleitung von TV- und Runkfunkprogrammen
In der Vergangenheit wurden insbesondere Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermieter, welche via Satellit empfangene TV- und Radioprogramme über ein hausinternes Kabelverteilnetz an die jeweiligen Wohnungsnutzer weitergeben, von sog. Verwertungsgesellschaften (GEMA, VG Media) zum Abschluss von Lizenzverträgen aufgefordert. Dies mit der Begründung, dass es sich bei der Weiterleitung der Programme über das hausinterne Kabelnetz um eine entgeltpflichtige öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Inhalte handele.
Mit Blick auf die sog. „Ramses“-Entscheidung des BGH (Urt. v. 17.9. 2015, Az.: I ZR 228/14), durch welche einer Lizenzpflicht eine weitgehende Absage erteilt wurde, stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit des BGH-Urteils in der Praxis, sowie die Frage, welche Folgen sich für bereits abgeschlossene Lizenzverträge ergeben. Hierzu haben das Amtsgericht Cuxhaven (Urt. v. 28.11.2017, Az.: 5 C 189/ 17) und das Amtsgericht Charlottenburg (Urt. v. 1.2.2018, Az.: 218 C 288/ 17) in einem Parallelrechtsstreit Stellung genommen.
Der Fall:
Die vor dem Amtsgericht Charlottenburg klagende Wohnungseigentümergemeinschaft X-Str., deren Wohnungen an Feriengäste vermietet werden, ist der Auffassung, dass sie berechtigt ist, den seinerzeit mit der beklagten Z-GmbH abgeschlossenen Lizenzvertrag über die hausinterne Weiterleitung via Satellit empfangener Radio- und TV-Programme aufzulösen und die bereits gezahlten Entgelte zurückzufordern. Die Z-GmbH erhebt hiergegen Widerklage, die abgetrennt und vor dem Amtsgericht Cuxhaven verhandelt wird.
Das Problem:
Der BGH hat ausgesprochen, dass die Weiterleitung gemeinschaftlich empfangener Satellitenprogramme in einer Wohnungseigentumsanlage über das hausinterne Kabelnetz regelmäßig keine lizenzpflichtige öffentliche Wieder-gabe i.S.d. § 15 Abs. 3 UrhG darstellt.
Der BGH hat festgestellt, dass es zur Vermeidung der öffentlichen Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten Werkes ausreicht, dass die Wiedergabe auf „besondere Personen“ beschränkt ist, die einer „privaten Gruppe“ angehören, was bei einem WEG-Objekt regelmäßig der Fall ist. Ferner werde eine Wohnungseigentümergemeinschaft auch regemäßig nicht zu Erwerbszwecken tätig.
Fraglich ist vorliegend, ob dies anders zu sehen ist, wenn die Eigentumswohnungen an Feriengäste vermietet werden. Zudem stellt sich die Frage, ob ein zu Unrecht abgeschlossener Lizenzvertrag aufgehoben und gezahlte Beträge zurückgefordert werden können.
Die Entscheidungen der Amtsgerichte:
Das Amtsgericht Cuxhaven gibt der Verwertungsgesellschaft Recht.
Sind nach den Vereinbarungen der Gemeinschaftsordnung die Wohnungen einer Eigentümergemeinschaft dazu bestimmt, an Feriengäste vermietet zu werden, handelt es sich nicht um eine „private“ Weiterleitung geschützter Programminhalte, sondern um eine gewerblichen Zwecken dienende TV-Versorgung der Einheiten durch die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Hierzu führt im Weiteren das Amtsgericht Charlottenburg aus, dass selbst dann, wenn eine Lizenzpflicht nicht bestand, eine rückwirkende Auflösung des abgeschlossenen Lizenzvertrags nicht möglich ist.
Die Möglichkeit einer Anfechtung des Vertragsschlusses besteht nicht, da es sich mit Blick auf eine Fehleinschätzung der Rechtslage um einen unbeachtlichen Motivirrtum handelt.
Auch ist durch die später bekannt gewordene anderslautende Rechtsprechung des BGH dem Lizenzvertrag nicht nachträglich die Geschäftsgrundlage entzogen worden.
Liegt keine gewerbliche Tätigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft vor, ist nur einer außerordentliche Kündigung des Vertrags mit Wirkung für die Zukunft gem. § 313 Abs. 3 S. 2 BGB möglich.
Praxis-Tipp:
Wohnungseigentümergemeinschaften, auf welche der entschiedene Ausnahmefall einer Radio- und TV-Versorgung von Feriengästen oder sonstiger gewerblicher Tätigkeit nicht zutrifft, sollten etwa abgeschlossene Lizenzverträge aus wichtigem Grund kündigen.
Etwa bereits gezahlte Lizenzgebühren werden dabei aber nicht erstattet.