Verbliebener Gegenstand bei OP – Behandlungsfehler?

Es ist eine Horrorvorstellung, man wird operiert und der Operateur „vergisst“ einen Gegenstand im Operationsbereich.  Tupfer, Nadel, Messerspitze, alles bereits vorgekommen und Gegenstand von gerichtlichen Verfahren.

Das OLG Köln vertrat die Auffassung, dass ein in der Vagina der Patientin vergessene Tupfer nach einem Dammschnitt im Rahmen einer Entbindung nicht zwangsläufig zu einem Behandlungsfehler führt, sondern auch bei sorgfältiger Kontrolle nicht vermieden werden könne, dass ein Tupfer in der Scheide verbleibt. (Urteil vom 25.10.2016 – Az. 25 O 98/15).

 

Demgegenüber bejaht das OLG Stuttgart in einem anderen Fall, in dem bei einem urologischen Eingriff eine Nadel im Körper der Patientin verblieben war, sehr wohl einen Behandlungsfehler. Das Gericht betont insoweit, dass Ärzte alle möglichen und zumutbaren Sicherungsvorkehrungen gegen das unbeabsichtigte Zurücklassen eines Fremdkörpers im Operationsgebiet treffen und sämtliche Instrumente nach einer OP auf ihre Vollständigkeit überprüfen müssen. Es verweist insoweit auch auf das Aktionsbündnis Patientensicherheit, das  bereits 2010 Handlungsempfehlungen zur Zählkontrolle und Vermeidung unbeabsichtigt im Operationsgebiet zurückgelassener Fremdkörper veröffentlicht hat und spricht der Klägerin ein Schmerzensgeld von 10.000 EUR zu. (Urt. vom 20.12.2018  - Az.: 1 U 145/17).

 

Ganz aktuell musste sich das OLG Oldenburg (Urteil vom 24.10.2018, Az.: 5 U 102/18) mit einem ähnlich gelagerten Fall befassen. Dort war unbemerkt bei einer Knie-OP die Spitze eines Skapells  verloren gegangen. Dies fiel bei dem Eingriff nicht auf. Erst am Ende des OP-Tages bemerkte man, dass die Spitze fehlte. Im OP-Raum konnte sie nicht gefunden werden, so dass nahelag, dass sie bei einem Eingriff verloren gegangen war. Der Arzt machte sich eine Notiz, dass die Spitze verloren gegangen war, unterrichtetes seine Patienten aber nicht darüber. Die Spitze führte später bei einem Patienten zu einem dauerhaften Knorpelschaden.  Das Gericht befand, dass der im Rahmen der Nachbehandlung in jedem Fall den Patienten auf die fehlende Spitze hätte hinweisen müssen und insoweit hätte abklären müssen, ob die Spitze bei dem Kläger verblieben ist. Diesem wurde ein Schmerzensgeld von 20.000 EUR zugesprochen.

 

Medizinrecht